Es ist längst kein Geheimtipp mehr, sondern einer der Höhepunkte des kulturellen Lebens im Dreiländereck: das trinationale Theaterfestival J-O-Ś. Nun lockt dessen elfte Ausgabe vom 15. bis 19. März ins Gerhart-Hauptmann-Theater Zittau. Bereits zum Start wartet ein Höhepunkt, der sicher ins Nachbarland Polen ausstrahlt: Das Lubuski Teatr aus Zielona Góra kommt am Mittwoch (15. März, 19.30 Uhr) mit Dziady, von Adam Mickiewicz, dem polnischen Nationaldichter, in einer Neuinterpretation von Regisseur und Choreograf von Grzegorz Bral. Das Meisterwerk der polnischen Romantik, hier im Deutschen mit Hexerei betitelt, entstand in der Zeit der dritten polnischen Teilung und ist als Schulstoff in Polen Pflichtlektüre.
Im Kombiticket für die Festivaleröffnung enthalten ist das anschließende Konzert der Punk-Band „Hańba!“ aus Kraków und Poznań, die wie 2022 am Eröffnungsabend das Foyer zum Tanzen bringen wird. Damit beginnt der Festivalreigen: an den fünf Tagen von Mittwoch bis Sonntag werden insgesamt 13 verschiedene Veranstaltungen mit Künstlern aus vier Ländern zu erleben sein, darunter zwei Konzerte, eine Lesung mit brisanter Diskussion und zwei Partys. Extra eingebettet sind drei internationale Workshops.
Die J-O-Ś-Partnertheater, jeweils die beiden nächstgelegenen Schauspielbühnen in Tschechien und Polen im Dreiländereck, also das Divadlo F. X. Šaldy aus Liberec und das Teatr im. Cypriana Kamila Norwida aus Jelenia Góra, gestalten das Festival maßgeblich mit. So kommen am Donnerstagabend (16. März, 19.30 Uhr) die Hirschberger mit der Komödie Der Mann meiner Frau des kroatischen Autors Miro Gavran – ein Abend voller Spannung und Humor.
Erstmalig in Zittau zu Gast: die freie Theatergruppe „Lachende Bestien“ aus Prag, die am Samstagabend (18. März, 19.30 Uhr) ihre antikapitalistische Komödie Wie die Löwen oder Abstieg und Aufstieg des Herrn B. von Roman Sikora zeigen, in der die Gesetze des freien Marktes aufs Korn genommen werden. Am Nachmittag (17 Uhr) kommt bereits die polnische Autorin Karolina Kuszyk, die 2020 den Arthur-Kronthal-Preis für ihr Debatten erregendes Buch In den Häusern der anderen. Spuren deutscher Vergangenheit in Westpolen erhielt – auch im Zittauer Dreiländereck ein virulentes Thema. Moderieren wird das Autorengespräch Felix Pankonin, Leiter der Netzwerkstatt Hillersche Villa Zittau – und am Büchertisch der Buchkrone Zittau lässt sich ein neues Buchexemplar sogleich zum Signieren erwerben. Am Abend des Festivalsamstags (18. März, 21 Uhr) gibt es zum Abschluss im Theaterfoyer die zweite Party: Dj DaRoot aus Liberec lädt zum Tanz.
Neben weiteren Ensembles aus Polen und der Tschechischen Republik sind in diesem Jahr auch Künstler aus der Ukraine zu erleben: Die Theatergruppe Motankas aus Berlin präsentiert ein Stück über die ukrainische Kultur und Geschichte, in der anschließenden Performance Little World War verarbeiten vier Schauspieler aus Kharkiv ihre Fluchterlebnisse, in dem sie mehrsprachige Erfahrungsberichte mit Poesie und Satire verbinden. Zuvor gibt es einen speziellen Workshop in ukrainischer Sprache, bei dem man mit gastierenden Künstlern in Kontakt kommt, und danach wartet noch Daryna Degtiarova mit ukrainischen Liedern am Klavier. Zeitgleich findet am Freitag um 19:30 Uhr im Alten Güterbahnhof Zittau die Premiere der Jugendproduktion Düsterbusch City Lights nach dem gleichnamigen Roman von Alexander Kühne statt. Die Besetzung besteht aus Mitgliedern der hauseigenen JugendClubs und Mitgliedern des Schauspielensembles.
Ein Festivalfokus liegt traditionell auf grenzüberschreitenden Angeboten des Kinder- und Jugendtheaters. Dies drückt sich in gleich vier Produktionen aus, die in der elften Festivalausgabe auf die Bühne kommen. Am Donnerstagvormittag (16. März, 10.30 Uhr) wird der Schauspielmonolog des Gerhart-Hauptmann-Theaters Nazwisko: Sophie Scholl speziell für polnische Schulklassen im Foyer aufgeführt, Schauspielerin Aleksandra Kienitz spielt diese mobile Produktion vor Schülern ab 14 Jahren sogar in beiden Sprachen. Für die kleinsten Festivalbesucher gibt es Samstagnachmittag (18. März, 15.30 Uhr) auf der Studiobühne das Puppenspiel in Fantasiesprache Der Fluss für Kinder ab zwei Jahren. Und am finalen Festivalsonntag (19. März, 10.30 Uhr) kommt das abenteuerlustige Märchen Die Holzprinzessin vom Animationstheater aus Jelenia Góra, in dem sich vieles über Baumarten und die Gefahren für die Natur in unseren Wäldern lernen lässt.
Das große Ziel des einzigartigen internationalen Festivals, für das Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch 2023 erstmals persönlich die Schirmherrschaft übernommen hat: Grenzen überwinden, Begegnungen ermöglichen, Freundschaften fördern – und dies geschieht am Zittauer Haus des Gerhart-Hauptmann-Theaters wie gewohnt zu fairen Preisen, mit perfekter Gastronomie und natürlich bei allen Gastspielen mit deutschsprachigen Übertiteln oder Simultanübersetzung plus Stückeinführungen samt gepflegtem Austausch im Nachgang in gewohntem Flair – alles inklusive. Diese elfte Festivalausgabe lässt sich (ausgenommen nur die JugendClub-Premiere im Alten Güterbahnhof) mit einem Festivalpass für 35 Euro (ermäßigt: 20 Euro) komplett erleben. Außerdem gibt es attraktive Kombitickets für den Eröffnungstag und für das ukrainische Programm am Festivalfreitag.
Hintergrund: Das trinationale Theaterfestival bildet den jährlichen Höhepunkt der internationalen Theaterinitiative J-O-Ś – benannt nach den drei markanten Bergen des Dreiländerecks Ještěd-Oybin-Śnieżka – die Einblick nehmen lässt in die Schauspielkunst unserer Nachbarn und dabei Lust macht auf andere Sprachen.
Netzinfos: www.j-o-s.eu