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Der aus Halle stammende Rapper Felix Edgar Enders, auch als „Edgar Einfühlsam“ bekannt, ist leidenschaftlicher Hip-Hop Fan und Rap-Künstler. Mit seinen Texten klärt er über Missstände in der Gesellschaft auf und verpackt diese in satirisch-humoristische aber auch ernste Songs. Was es mit seinem bald erscheinenden Album „Brust oder Keule“ auf sich hat und wie ein Song bei deineMafa entsteht, verrät er uns hier. Kulturfalterredakteurin Nathalie Seifert sprach mit dem Künstler über sein Album und seine Musik.

Wann hast du angefangen zu rappen?

Mit 13 Jahren. Ich wurde klassisch Hip-Hop sozialisiert, durch einen Kumpel der Rap hörte und auch Graffiti praktizierte. Das war mein Kultureinstieg in Rap/Hip Hop. Ich war im Jahr 2001 im Capitol in Halle zu einem „East Side Family Hip-Hop Jam“ und habe dort unter anderem meine Leidenschaft gefunden.

Welche Künstler/innen haben dich musikalisch beeinflusst?

Beeinflusst haben mich Deutschrap Künstler wie Sammy Deluxe, Torch und vor allem Sido, der die Szene mit vulgärem Deutschrap prägte. Aber auch amerikanische Künstler wie Outkast, Notorious B.I.G, Rolling Stones, Spice Girls und Backstreet Boys beeinflussten mich. Ich mag die Mischung aus allem.

Was bedeutet Rap für dich?

Für mich ist es eine schöne Möglichkeit  sich auszudrücken, künstlerisch tätig zu werden ohne allzu viele Fähigkeiten mitbringen zu müssen. Rap ist ein Sprachrohr, eine Möglichkeit sowohl melancholisch als auch humoristisch auf gesellschaftliche Missstände zu reagieren. Es ist Spaß, Freude und auch ein Medium zum auskotzen.

Du rappst unter anderem über politische Themen. Welche Message möchtest du deinen Hörern senden?

Das was Musik für mich inzwischen ist, ist auch politisch motiviert. Wäre meine Rap-Musik ein Gemälde, wäre es kein minimalistisches Gemälde.  Die Texte sind überfrachtet mit drei, vier Themen auf einmal.  Ich möchte mit meiner Musik Gleichgesinnte suchen, die einen ähnlichen Weg wählen, Defizite in der Gesellschaft beachten und sowohl von Verzweiflung bis  Zynismus darauf reagieren. Mein Ziel ist es, das meine Zuhörer mit mir traurig sind und bis zum Wahnsinn lachen.



Du bist bin Halle aufgewachsen und  wohnst jetzt in Leipzig. Wie wirkt die Leipziger und die Hallenser Musikszene auf dich?

Die Musikszenen sind sehr vielschichtig. Halle und Leipzig haben sich sehr diversifiziert und man hat eine vielfältige Bandbreite an politisch motivierten Künstler/innen. Von BoomBap bis Crossover ist alles vertreten. Die Generation des 21. Jahrhunderts, die mit einer großen Auswahl an Musik aufgewachsen ist,  ist heutzutage auch ein Abbild der musikalischen Vielfalt und der Musikszene.

Hast du eine Meinung zur Aktuellen Rap Szene im Vergleich zur damaligen Szene?

Ich finde die neue Rap Szene begrüßenswert. Es gibt sehr viel Diversität und aus den unterschiedlichsten Sozial- und Bildungsschichten wird  Rap gemacht, und das hat eine hohe Vielfalt mit sich gebracht. Leider gibt es meiner Meinung nach zu viel Release dichte das heißt, die Schnelllebigkeit der Musik nimmt zu. Streaming sorgt dafür, dass man die Musik gar nicht mehr tiefgründig aufnehmen kann. Ich greife deshalb auch gern auf eine Vinyl Platte zurück, denn da beschäftigt sich man mehr mit einem Album was darauf zu hören ist.

Du stehst oft auf der Bühne. Ist das eine Herausforderung für dich?

Ich bin süchtig danach. Ich trete gern vor Menschen auf und präsentiere meine Lieder. In den Liedern steckt sehr viel Leidenschaft und Intimität. Ich bin trotzdem immer noch ein kleines bisschen aufgeregt, es kommt oft immer darauf an wie ich mich fühle, manchmal bin ich gut gelaunt aber auch manchmal fertig von den Auftritten.



Du arbeitest mit Synthikat (Producer) und Herr Lehmann aka DJ Loom zusammen. Wie entsteht ein Song bei euch?

Synthikat ist zum einen ein Gründungsmitglied von deineMafa und Herr Lehmann tritt mit mir zusammen live auf. Mit Synthikat schreibe ich die Texte und er kreiert eine Melodie. Es gibt pauschal keinen Song der sofort da ist, manchmal klopfe ich einen Beat oder Summe eine Melodie. Oft wird auch ein sample von einem anderen Song verwendet oder ich hab einen bestimmten Groove in den Ohren und will diesen dann in einen Song einbauen. Die Texte entstehen oft durch ein Thema, was mich oder die anderen interessiert und worüber wir rappen wollen

Wie ist das Album Brust oder Keule entstanden?

Brust oder Keule ist ein Playlist Album und in Anlehnung an unsere Musikalische Sozialisation wollen wir am Ende einer Schaffensperiode eine Platte in der Hand halten, die sich auch passabel verkauft nachdem wir live überzeugt haben. Wir haben einige Songs schon vor dem Album herausgebracht, behalten aber die „Filet Stücke“ bis zum Schluss. Der Name „Brust oder Keule“ lehnt sich an einen Louis de Funès Film aus den Siebzigern an. Ich mag den Film sehr, deswegen ist das Album eine Reminiscence an den Film. Brust oder Keule umspannt Männlichkeit, Weiblichkeit und alle anderen Geschlechter und bezieht sich auf die Ungerechtigkeit, welche aufgrund sozialer, klassizistischer und geschlechtlicher Unterschiede entsteht. Die Songs sind deshalb entweder humoristisch oder ernst aufgebaut.

Du führst auch einen Podcast, wie bist du auf die Idee gekommen  und über welche Themen sprecht ihr?

Ich führe den Podcast zusammen mit Kollege Hartmann, der musikalisch viel aktiv ist. Ich kenne ihn durch Kulturfreundschaften. Der Podcast ist der Versuch 50 Gedanken in einen Satz zu fassen. Wir sprechen über gesellschaftliche Ereignisse wie den Aufstieg und Fall des Fynn Kliemanns, Frauen und Rollenbilder, aber auch über intime Themen wie meine Tochter oder meine Panik und Angstattacken.

Hast du spezielle Zukunftsvisionen oder Träume für die Zukunft?

Ich möchte in Harmonie mit mir selbst leben und Musik ist ein Teil davon. Ich will nicht allzu viele Erwartungen investieren. Natürlich hat man die Hoffnung mit seiner Musik an der man lange gearbeitet hat, das Maximum an Resonanz zu ernten. Vor 10 Jahren hätte ich wahrscheinlich gesagt dass ich ganz groß rauskommen will und in die Charts möchte. Jetzt weiß ich, dass ich sehr spezielle Musik mache und deshalb sind meine Ziele für die Zukunft einfach schöne Momente damit zu haben, noch unabhängiger von der Resonanz zu sein d.h. mich weniger darum zu sorgen ob nun 50 oder 50.000 Menschen meinen Instagram Post liken. Ich möchte den Spaß an der Kunst spürbarer für mich machen und Harmonie zu mir und meinem Umfeld schaffen.

Hast du einen Lieblingskünstler?

Es hört sich schräg an, aber: Räuber Hotzenplotz und Taylor Swift. Ich habe eine Tochter und verbringe sehr viel Zeit mit ihr, ihr Musikgeschmack färbt etwas auf mich ab.

 

Edgar, vielen Dank für das Interview!